Stuttgart, Katharinenhospital

14. Juli - 8. August 2012

Marcus lag 3 ½ Wochen lang im Koma

Der Verdacht auf eine Entzündung und somit Verengung der Blutgefässe hat sich im Nachhinein nicht bestätigt. Blutverdünnende Medikamente auf Grund dieser Fehldiagnose kosteten meinem Mann  beinahe das Leben.
Ich besuchte ihn täglich mehrere Stunden und kommunizierte mit ihm. Auch zuhause in meinem Bett spürte ich diese enge Verbindung zu ihm. Mit der Zeit verstanden auch die Ärzte, wie sensibel  Marcus z.B. auf Lärm reagierte - der ganz normale Alltag auf einer Intensivstation und vergleichbar hektisch und laut wie in einer Bahnhofshalle. Man verpasste ihm Ohrstöpsel, denn ständig stieg der Hirndruck in Besorgnis erregende Höhen. Zur Kontrolle musste er jedesmal  geröntgt werden. Die Medikamententürme mussten dazu ans Fußende des Bettes ummontiert werden - ein ca. 30 minütiger Vorgang! Das Ergebnis: Man fand nichts! „Der junge Mann wollte wohl nur mal das Zimmer verlassen!“, scherzten die Pflegekräfte.

Tröstende Worte von Josef von Eichendorff vertont von Robert Schumann

Von Hand schrieb ich das folgende Gedicht auf eine Doppelkarte und stellte sie neben sein Bett.

Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst, 
Dass sie im Blütenschimmer 
Von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.


Bis nach Neresheim begleitete mich dann auch die Musik von Robert Schumann. Besonders das Singen löste die große innere Anspannung in mir. Es wirkte heilend, wenn ich den Tränen nahe war. Vor allem der Schluss des Liedes brachte meine schwermütigen Gefühle wieder in eine harmonische  Ausgeglichenheit.

In der Reha-Fachklinik in Neresheim

8. August 2012 bis 6. Februar 2013

Marcus lebt! Mit dem Helikopter wird er nach Neresheim gebracht. Für mich hatten die Sommerferien bereits begonnen, weshalb ich mir für Marcus viel Zeit nehmen konnte. Gegenüber der Klinik mietete ich ein Apartment, Vom Balkon aus hatte ich einen schönen Blick zum Kloster.
Es ist Herbst geworden. 3 Monate war Marcus schon krank und  wir wussten nicht, wohin die Reise geht. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, aber an 3 Tagen pro Woche unterrichtete ich in Stuttgart. Das Klavier habe ich nach Neresheim bringen lassen und irgendwie ging das Leben weiter. Wenigstens finanziell mussten wir uns keine Sorgen machen. Das Erbe einer Tante rettete uns. Der bereits geplante Badumbau musste nun aber mit ein paar zusätzlichen behindertengerechten Details ergänzt werden.